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Tatort Henstedt-Ulzburg

Urteilsverkündung im Henstedt-Ulzburg Prozess

Heute verurteilte das Landgericht Kiel im Prozess den Angeklagten Melvin S. zu drei Jahren Jugendstrafe wegen gefährlicher Körperverletzung in vier Fällen und gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr. Das Gericht erkannte weder ein rechtes und rassistisches Tatmotiv noch eine Tötungsabsicht bei dem Täter. Das Gericht stellte in seinem Urteil zwar fest, dass Melvin S. extrem rechte Inhalte auf seinem Handy hatte, AfD-Mitglied war und sich am Tattag auch provokativ mit einer „Reichsbrause“ des Neonazi Tommy Frenck beim antifaschistischen Gegenprotest fotografierte, wollte die politische Einstellung jedoch nicht hinreichend als tatrelevant feststellen.

In den 21 Prozesstagen wurde deutlich, dass Melvin S. bereits zum Tatzeitpunkt eine extrem rechte Weltsicht vertrat, was nicht zuletzt an zahlreichen NS-verherrlichende Inhalten auf seinem Telefon und der Mitgliedschaft in der AfD dokumentiert ist. Wir finden es falsch, dass das Gericht die politische Tatmotivation nicht anerkennt. Mit dem Verweis, eine politische Bewertung müsse die Gesellschaft leisten und nicht das Urteil, nimmt sich das Gericht aus der Verantwortung“, resümiert Sonja Petersen für das Bündnis Tatort Henstedt-Ulzburg.

„Auch wenn das Gericht nicht explizit das rechte und rassistische Motiv benannt hat, bleibt die Auto-Attacke für uns ein politisch motivierter Anschlag eines extrem Rechten und Rassisten. Wir sind weiter solidarisch an der Seite der Betroffenen. Es bleibt dabei, der AfD-Treffpunkt im Bürgerhaus Henstedt-Ulzburg muss ein für alle mal Geschichte werden.“, so Petersen weiter.

Vor der Urteilsverkündung sprachen zwei der Betroffenen und Nebenkläger*innen im Prozess auf der Kundgebung des Bündnisses und bedankten sich für die solidarische Unterstützung in dem sechsmonatigen Prozess.

Die Betroffene O. sagte in ihrem Beitrag: „Ich habe gekämpft und ich habe überlebt. Der Prozess wird heute enden, aber ich werde weiter mit den Konsequenzen des Tötungsversuchs durch Melvin S. kämpfen müssen. […] Aber was nicht endet und niemals enden wird ist die Solidarität. Unsere Waffe ist Solidarität“.

Der Betroffener P. rief abschließend dazu auf: „Lasst uns alle weiter daran arbeiten, dass eine Partei wie die mindestens faschistoide AfD, es nicht schafft den Diskurs weiter nach rechts zu verschieben, dass sie die jungen Menschen nicht mehr mit ihrer plumpen Deutsch-Tümelei abholt und sie befördert genau die Dinge zu tun, die der Täter vom 17.10.2020 getan hat.“

Abschließend betont Hauke Sörensen für das Bündnis: „Auch wir bedanken uns bei allen, die seit drei Jahren und während des Prozess diesen rechten und rassistischen Angriff als solchen thematisiert haben. Unser Dank gilt der Antifa-Recherche, die Melvin S. als rechten Gesinnungstäter outete, der intensiven Medienarbeit, den Betroffenen für ihren Mut als Nebenkläger*innen im Prozess aufzutreten, den juristischen Widerstand der solidarischen Anwält*innen, den solidarischen Unterstützer*innen der Betroffenen, der Dokumentation des Prozesses, denjenigen die draußen vor dem Gerichtsgebäude immer wieder bei den stundenlangen Kundgebungen die Fahne der Solidarität hochhielten bis hin zu allen, die das alles auf ihre Art unterstützt haben.

Bündnis Tatort Henstedt-Ulzburg