Am 3. Juli 2023 begann vor dem Landgericht Kiel der Prozess gegen Melvin S. wegen dessen rechter und rassistischer Auto-Attacke auf vier Antifaschist*innen bei einer AfD-Veranstaltung im Bürgerhaus Henstedt-Ulzburg. Am 21. Dezember 2023 wurde S. zu einer Jugendstrafe von 3 Jahren Haft verurteilt.
In der Urteilsbegründung wurde das extrem rechte Weltbild von Melvin S. betont. Dieser war bis zwei Tage nach der Tat AfD-Mitglied, sammelte NS-verherrlichende Videos auf seinem Mobiltelefon, hatte den Newsletter der extrem rechten „Identitären Bewegung“ abonniert und Kontakt zum Thüringer Neonazi Tommy Frenck (Partei „Die Heimat“/NPD).
Für uns ist klar: Das Anschlagsmotiv entsprang dem extrem rechten Weltbild des Täters, gespeist von der Ideologie der AfD.
AfD und Feindbild Antifa
Das Feindbild „Antifa“ ist ein essenzieller Bestandteil der AfD, die damit sämtliche Personen, Institutionen und Medienhäuser markiert, die ihren Inhalten widersprechen. Neonazi Mario Müller, Mitarbeiter des AfD-Bundestagsabgeordneten Jan Wenzel Schmidt, betonte bei seiner Rede bei dem sog. Geheimtreffen von Potsdam die Relevanz des Kampfes gegen politische Gegner, denn die Antifa stehe „dem Aufstieg der AfD“ – und damit den rassistischen Deportationsplänen – im Weg.
Dass Gewalt für die AfD hierbei ein Mittel darstellt, stellt u.a. die „Junge Alternative“ Schleswig-Holstein regelmäßig zur Schau. So zeigte sie sich beispielsweise im Sommer 2023 medienwirksam beim Straßenkampftraining mit Schweizer Neonazis.
Auch die erst im Mai 2024 bekannt gewordene Nachrichten einer WhatsApp-Gruppe von Militärunternehmer Erik Prince mit u.a. Sven von Storch, Ehemann von Beatrix von Storch, belegen die Gewaltfantasie der AfD. Von Storch schrieb dort:
„Das ist keine Politik mehr, das ist ein offener Krieg gegen die Freiheit und die menschliche Natur. Und Kriege werden, wie wir wissen, nicht mit mehr Luftballons und Konfetti gewonnen“,
und beschwört den Überlebenskampf:
„Solange die USA den Globalisten alles überlassen, was sie wollen, können wir Patrioten im Rest der Welt nur versuchen, unsere Positionen zu behaupten und zu überleben.“
Diese verschwörungsideologische, antisemitische und rassistische Argumentation findet sich auch bei Auto-Attentäter Melvin S., der an seinen Mitfahrer Julian R. schreibt:
„Ich hasse die Linken so sehr, wie du die Kanacken hasst (…) es werden immer mehr, bis wir als Deutsche, als weiße Menschen ausgestorben sind.“
AfD weiter im Bürgerhaus
Trotz der Auto-Attacke eines ihrer Mitglieder steht der AfD Schleswig-Holstein und Hamburg das Bürgerhaus weiterhin offen. Die Gemeinde ist nicht willens ihre Möglichkeiten auszuschöpfen, um die extrem Rechten aus ihren Räumen zu verbannen.
Die Diskussionen um eine Nutzungsänderung sind nicht neu und werden in Henstedt-Ulzburg mindestens seit 1987 geführt, nachdem die Gemeinde der NPD die Räume zur Verfügung stellte.
Antifaschist*innen konnten damals noch den NPD-Parteitag verhindern.
Da wir davon ausgehen müssen, dass die Parteien und die Gemeinde Henstedt-Ulzburg von ihrer freundlichen Haltung der AfD gegenüber nicht abweichen werden, kündigen wir für künftige AfD-Veranstaltungen schon heute unseren Protest an.
Sonja Petersen für das Bündnis Tatort Henstedt-Ulzburg:
„Jetzt ist es ein Jahr her, das der rechte und rassistische Anschlag mit einem Auto auf Antifaschist*innen in Henstedt-Ulzburg am Landgericht Kiel verhandelt wurde.
Wenn das Urteil rechtskräftig ist, ist die strafrechtliche Aufarbeitung abgeschlossen.
Für die Betroffenen jedoch hat der Angriff noch körperliche, psychische und wirtschaftliche Folgen. Tat und der Umgang damit werden ein Teil ihres Lebens bleiben.
Als Bündnis und Antifaschist*innen aus Schleswig-Holstein ist uns klar, es muss weiter eine Auseinandersetzung mit dem Anschlag und den Bedingungen für diesen geben. Die Zivilgesellschaft und auch gerade die Gemeinde Henstedt-Ulzburg sehen wir in der Verantwortung. Diese Haltung werden wir weiterhin einfordern. Ohne wenn und aber gehört für uns dazu: AfD raus aus dem Bürgerhaus!“
Bündnis Tatort Henstedt-Ulzburg
Juli 2024