Am achten Prozesstag zur rechten und rassistischen Auto-Attacke vom 17. Oktober 2020 in Henstedt-Ulzburg sagte heute der vierte Betroffene P. aus. Dieser schilderte, dass der Angeklagte und damaliges AfD-Mitglied Melvin S. sein Auto auf den Gehweg fuhr und das Fahrzeug auf ihn und seinen Begleiter H. lenkte. Um sich vor dem PickUp zu retten, schubste P. aus Reflex H. zur Seite und sprang selbst hoch. Das Auto erfasste ihn dennoch, er landete auf der Motorhaube und schließlich in einem Gestrüpp:
„Wir lagen dann da auf dem Weg und ich habe geschaut, ob es H. gut geht, er meinte erstmal soweit ja, wirkte aber sehr benommen. […] Für mich war das sehr wichtig, dass ich nicht tot bin, dass er nicht tot ist.“
Das Auto sei anschließend ohne zu bremsen oder anzuhalten weiter gefahren, habe weitere Menschen getroffen. Unmittelbar nach der Tat sind zwei der Begleiter des Angeklagten auf den Betroffenen P. zu gekommen und hätten sich mit Sätzen „Wir hätten nicht gedacht, dass er euch tot fährt“ immer wieder entschuldigt. Gleichzeitig gaben sie an Rechte zu sein und auf Initiative von S. zum „Zecken glotzen“ und zur AfD nach Henstedt-Ulzburg gekommen zu sein. Der Angeklagte Melvin S. selbst hat den Betroffenen P. hingegen nach der Tat nur angegrinst und kein Zeichen von Bedauern gezeigt:
„Das Grinsen von Melvin S., den Fahrer, habe ich noch im Kopf.“
P. berichtete, dass er bis heute und auch während seiner Aussage unter anhaltenden Schmerzen leidet. Durch den Aufprall ist sein Rücken so geschädigt, dass er trotz Reha-Maßnahmen arbeitsunfähig ist und er seine geplante berufliche Perspektive derzeit nicht verwirklichen kann.
Der Betroffene P. benannte die Tat klar als rechten und rassistischen Angriff, da Melvin S. mit seinem PickUp gezielt auf ihn und andere Antifaschist*innen Jagd gemacht hat. Seine antifaschistische Grundhaltung begründete P. auch mit seiner Familiengeschichte. Einer seiner Verwandten wurde in einem KZ von den Nationalsozialisten tot geschlagen.
„Auch in der heutigen Aussage des vierten Betroffenen wurde deutlich, wie stark und nachhaltig der rechte und rassistische Angriff auf das Leben von Betroffenen einwirkt. Die Betroffenen sind – auch 3 Jahre nach der Tat – in ihrem Alltag durch die physischen und psychischen Folgen der Tat massiv eingeschränkt und herausgefordert sich neu zu orientieren. Berufliche Perspektiven wurden durch die Folgen der Tat verhindert.“,
fasst Sonja Petersen für das Bündnis Tatort Henstedt-Ulzburg zusammen.
Bündnis Tatort Henstedt-Ulzburg